Berliner Rettungsdienst fit für die Zukunft machen!

Foto: Alisa Raudszus/Grüne Fraktion Berlin

Die Situation im Berliner Rettungsdienst hat sich in den vergangenen Jahren spürbar verschärft. Die Notrufe steigen seit Jahren und während die Einsätze überproportional zunehmen, haben sich die Strukturen in Berlin nicht entsprechend mitentwickelt. Zu oft sind zu wenige oder sogar gar keine Rettungswagen verfügbar. Im Jahr 2022 ist der Ausnahmezustand beim Rettungsdienst zum Dauerzustand geworden. Damit die Mitarbeitenden ihre wichtige Arbeit gut machen können, braucht es kurzfristige Maßnahmen und eine grundlegende Reform.


Vor diesem Hintergrund hat die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus heute ein Positionspapier zur Zukunft des Rettungsdienstes und einen konkreten Vorschlag zur Änderung des Rettungsdienstgesetzes mit folgenden Eckpunkten vorgestellt:

  • Personaloffensive im Rettungsdienst zur Gewinnung von mehr Notfallsanitäter*innen und eine eigene Laufbahn für den Rettungsdienst
  • Differenzierung bei der Beschickung zwischen eilbedürftigen und nicht eilbedürftigen Einsätzen, um lange Fahrten durch das Stadtgebiet zu vermeiden
  • Klare Zuständigkeit für die Organisation des Rettungsdienstes, damit die Interessen zwischen klassischer Feuerwehr und Rettungsdienst transparent getrennt werden können. Die Gesamtverantwortung für die Berliner Feuerwehr trägt dabei die Behördenleitung und die für den Rettungsdienst insgesamt die Ärztliche Leitung Rettungsdienst. Medizinische Entscheidungen dürfen weiterhin nur von medizinisch qualifiziertem Personal getroffen werden.
  • Stärkung der Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung für eine resiliente Gesundheitsinfrastruktur. Damit jede und jeder weiß, wie und wo man adäquate Hilfe bekommt.
  • Verzahnung der unterschiedlichen Akteure in der Gesundheitsversorgung und einen Runden Tisch Rettungsdienst mit allen beteiligten Akteuren.

Dazu kommentieren Silke Gebel, Fraktionsvorsitzende, Vasili Franco, innenpolitischer Sprecher, und Catherina Pieroth, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus:

Silke Gebel, Fraktionsvorsitzende:
„Wer die 112 ruft, muss sich darauf verlassen können, dass die richtige Hilfe kommt. Wir haben den Hilferuf des Berliner Rettungsdienst gehört und schlagen kurzfristige Maßnahmen vor, damit die Berliner Retter*innen ihren Job machen können. Klar ist aber auch: Für die Absenkung von medizinischen Standards darf es keinen Blankoscheck im Gesetz geben. Die jahrelang bekannten Probleme von Personalmangel und Beschaffungsproblemen haben den Rettungsdienst geschwächt. Wir wollen hier umsteuern und den Berliner Rettungsdienst fit für die Zukunft machen – mit attraktiver Laufbahn, Ausbildungsoffensive, gesundheitlicher Qualifizierung und besserer Verzahnung des Rettungswesen vom Notruf bis zur Rettungsstelle. Nur der Verzicht auf Qualität löst keine Probleme, sondern würde die Situation zum Schaden der Berliner*innen, die auf Hilfe angewiesen sind, verschlechtern. Wir als Grüne stehen für eine konstruktive und gemeinsame Reform des Rettungsdienstes bereit.“

Vasili Franco, innenpolitischer Sprecher:
„Um den Dauer-Ausnahmezustand zu beenden, braucht es eine strukturelle Neuaufstellung des Rettungsdienstes. Es braucht nun ein ineinandergreifendes Maßnahmenbündel, das die vielschichtigen Problemlagen adressiert und die richtigen Stellschrauben angeht. Schnelligkeit vor Gründlichkeit wird die Ursachen nicht beheben. Es braucht einen langen Atem, um den Rettungsdienst wieder handlungsfähig zu machen. Unser Gesetzentwurf bildet die Grundlage für schnell umsetzbare und wirksame Maßnahmen. Ziel ist es, die Belastung im Rettungsdienst zu reduzieren und gleichzeitig die Qualität der Notfallversorgung zu gewährleisten. Die Differenzierung zwischen eilbedürftigen und nicht eilbedürftigen Einsätzen, sowie die dynamische Verteilung von Rettungsmitteln im Stadtgebiet verkürzt Rettungswege und rettet so Leben. Unser Vorschlag schafft die bessere Möglichkeit zur ambulanten Versorgung am Unfallort und eine Personaloffensive für die Mangelressource Notfallsanitäter*innen. Durch eine eigene Beamtenlaufbahn für den Rettungsdienst erhöhen wir die Attraktivität des Berufs. Unsere Maßnahmen adressieren die Belastung der Beschäftigten in Feuerwehr und Rettungsdienst, die tagtäglich mit dem Ausnahmezustand zu kämpfen haben. Sie sind jedoch genauso im Interesse der Berliner*innen, die ein Recht darauf haben, medizinisch gut versorgt zu werden.“

Catherina Pieroth, gesundheitspolitische Sprecherin:
„Wer Rettungsdienst ohne Gesundheit denkt, schaut in die falsche Richtung. Unser Ziel ist es, die Einsatzbelastung des Rettungsdienstes in den Griff zu bekommen, vermeidbare Notfälle zu reduzieren und Qualität und Patient*innensicherheit in jedem Notfall weiter gewährleisten zu können. Wir fordern dazu auf, dass alle Verantwortlichen zusammenkommen, um an einem Strang zu ziehen. Unser Anspruch ist, dass wir unser Gesundheitssystem so aufstellen, dass alle Berliner*innen nach aktuellen medizinischen Standards versorgt werden können. Es braucht ein besseres sektorenübergreifendes Zusammenwirken der Akteure. Die Zeit drängt, denn neben den bestehenden Problemen zeigen auch der Fachkräftemangel im gesamten Gesundheitswesen, die demographische Entwicklung, die Folgen der Pandemie und des Klimawandels die vor uns liegenden Herausforderungen klar auf. Jedes Rädchen im Gefüge muss gut funktionieren, damit der Rettungsdienst funktioniert.“