Mit Blitzern, Kontrollen und Knöllchen mehr Verkehrssicherheit schaffen
Es holpert auf Berlins Straßen – und das nicht nur politisch. Verkehrsunfälle und unzählige Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung sind Alltag im Berliner Straßenverkehr. Allein im Jahr 2021 hat die Polizei über drei Millionen solcher Vergehen geahndet, wie aus der Antwort des Senats auf eine kleine Anfrage von meiner Kollegin Oda Hassepaß und mir hervorgeht. Das klingt zwar nach einer ganzen Menge, jedoch handelt es sich nur um die Spitze des Eisbergs. Noch viel zu oft kommen Verkehrssünder*innen einfach davon. Polizei und Ordnungsamt können natürlich nicht an jeder Straßenecke präsent sein, aber das Problem liegt tiefer. Das zeigen die Zahlen auf den zweiten Blick.
So fanden 2021 insgesamt ca. 10.000 Verkehrskontrollen statt. Aufgeschlüsselt nach Einsatzstunden der Beamt*innen ist im Vergleich zum Vorjahr allerdings ein Rückgang der Kontrollen von mehr als 13% zu Verzeichnen. Der Senat begründet diese Entwicklung mit „pandemiebedingten Veränderungen in der Aufgabenpriorisierung“, was insbesondere auf die hohe Zahl an Versammlungslagen – sprich Demos – zurückzuführen ist. Akzeptabel ist es trotzdem nicht, denn: Wer weniger kontrolliert findet auch weniger Verstöße. So ging die Anzahl an geahndeten Verletzungen der StVO vor allem bei Verstößen durch PKW, nach unten.
Die Gefahr hat vier Räder
Die Berliner Koalition hat sich „Vision Zero“, also perspektivisch null Verkehrstote, auf die Fahnen geschrieben. Doch wer ist die größte Gefahr für die Sicherheit auf den Straßen? Die Zahlen sind da klar: Das Auto. Von allen Verstößen gegen die StVO gingen im vergangenen Jahr ganze 98,7% auf das Konto des vierrädrigen motorisierten Individualverkehr. Motorradfahrende kamen auf 0,4%, LKW auf 0,1%. Fußgänger*innen und Radfahrer*innen zusammen waren für 0,9% aller Regelwidrigkeiten verantwortlich.
Die allermeisten der in der Statistik aufgeführten Fälle gehen glimpflich aus, doch immer wieder gibt es Verletzte und 2021 insgesamt 39 Tote. Jeder Todesfall ist einer zu viel. Unsere Aufgabe ist es jetzt, alle Berliner*innen möglichst gut zu schützen.
In diesem Zusammenhang ist es aber zumindest verwunderlich, dass der Fokus der Kontrollen sich zuletzt weg von den PKWs, hin zu Fahrrädern und zu Fuß gehenden verschoben hat. Auf meine Nachfrage dazu lässt der Senat verlautbaren „Auch die Anfang 2021 eingeführten „Streifendienste Verkehrsüberwachung Rad“ in den örtlichen Direktionen 1 bis 4 trugen zur Steigerung der Anzahl der Verkehrskontrollen bei den Risikogruppen bei.“ Mehr Kontrollen der schwächsten Verkehrsteilnehmer*innen führen jedoch zu keinem größeren Schutz, wenn gleichzeitig die Kontrollen des Autoverkehrs nachlassen. Hier muss dringend nachgebessert werden.
Verkehrssicherheit: Eine Win–Win-Situation
Im Koalitionsvertrag haben wir uns verpflichtet: „Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) wird die Koalition stärker kontrollieren und ahnden.“ Doch noch immer wirkt es für viele Berliner*innen als gälte auf den Straßen das Recht des Stärkeren und Gesetze seien nur Empfehlungen. Das lädt faktisch ein, Regeln zu brechen. Daher muss der Kontrolldruck spürbar erhöht werden. Neben den klassischen Verkehrskontrollen spielen stationäre und mobile Blitzanlagen eine große Rolle in der Verkehrsüberwachung. Sie sind effektiv, arbeiten rund um die Uhr und spülen ordentlich Geld in den Haushalt. Rot-Grün-Rot hat sich vorgenommen, mindestens 60 neue Anlagen in Betrieb zu nehmen. Berlin ist im Vergleich der deutschen Großstädte bisher gerade mal unteres Mittelfeld. Nur 29 stationäre Anlagen sind aktuell betriebsbereit, von den 6 Geschwindigkeitsmessanhängern sind zwei seit Monaten defekt.
Mindestens genauso düster sieht es bei der Überwachung des ruhenden Verkehrs aus. 43 Prozent der Stellen zur Parkraumüberwachung sind in den Bezirken sind derzeit nicht besetzt. Die Ordnungsämter suchen händeringend nach Personal. Wenn wir wie geplant die Parkraumbewirtschaftung weiter ausweiten wollen, digitale Parkraumüberwachung voranbringen wollen, muss die Funktionsfähigkeit von Ordnungsämtern und Bußgeldstelle von Land und Bezirken sichergestellt werden. Das wird ein Kraftakt, doch der lohnt sich.
Denn die Durchsetzung der Straßenverkehrsordnung sorgt nicht nur für mehr Verkehrssicherheit: Bei den Auswirkungen auf den Landeshaushalt geht es nicht nur um Peanuts. 2021 wurden über ein Fünftel weniger Bußgeldbescheide ausgestellt als noch vor Corona-Zeiten. Damit sanken die Einnahmen bereits über 16 Millionen Euro im Vergleich zu 2019. Nun gilt es wieder umzusteuern. Wenn wir die Raserei in der Stadt eindämmen, könnte man um die 100 Millionen Euro zusätzlich einnehmen. Geld das wir für die Verkehrswende dringend gebrauchen könnten – da lohnt es sich richtig Tempo zu machen!