Alarmismus schafft noch lange keine Sicherheit. Der Umgang mit Drohnen stellt die Sicherheitsbehörden vor neue Herausforderungen, dabei gilt es besonnen zu bleiben. Erkennen, Bewerten, Handeln lautet der richtige Dreiklang. Denn man kann nicht jede Drohne vom Himmel holen und hoffen, dass sie niemandem auf den Kopf fällt. In meiner Rede werbe ich für eine strukturierte Koordination und gute Abstimmung statt Panikmache.
Plenarprotokoll 19/74
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Kein Politikfeld wird so getrieben von Schlagzeilen wie die Innenpolitik. Doch Großbuchstaben und Ausrufezeichen allein schaffen noch keine Sicherheit. Drohnenabwehr ist schnell gesagt, aber dann doch komplexer als Dirk Stettners Traum vom Iron Dome. Wir müssen die Vorfälle am BER und an anderen Flughäfen ernst nehmen. Dafür muss man sich genau anschauen, was konkret passiert ist. Wer Lösungen sucht, muss zunächst die Ursachen finden. Gründlichkeit beugt Panik vor, und gerade in Fragen der Sicherheit ist Panik fehl am Platz und Panikmache erst recht.
Gerade deshalb gilt es, besonnen zu bleiben. Es gilt der Dreiklang Erkennen, Bewerten, Handeln. Erstens braucht es einen Überblick, was sich im Luftraum über Berlin abspielt. Als Bundeshauptstadt mit Regierungsgebäuden, Verkehrsknotenpunkten und kritischer Infrastruktur gibt es unzählige Ziele, die durch unsachgemäßen oder gar gezielten Drohneneinsatz massiv beeinträchtigt oder gefährdet werden können. Hier muss die Luftraumerkennung besser werden. Am BER, ich erinnere daran, war es schließlich kein Früherkennungssystem, das die Drohnen gesichtet hat, sondern ein Augenzeuge, der die Polizei informiert hat. Das ist mit Sicherheit kein zuverlässiges System.
Zweitens müssen wir bewerten können, um welche Drohnen es sich handelt, denn das Spielzeug eines Zehnjährigen im Park ist schließlich nicht das Gleiche wie eine Drohne über dem Hauptbahnhof, dem BER oder dem Bundestag. Drittens müssen wir handlungsfähig werden, aber nicht wahllos, sondern gezielt. Man kann nicht präventiv jede Drohne vom Himmel schießen und einfach nur hoffen, dass sie niemandem auf den Kopf fällt. Um eine wirksame Gefahrenabwehr zu gewährleisten, braucht es eine zuverlässige, schnelle und valide Gefahrenbewertung.
Zumindest möchte ich den Polizeigesetzentwurf der Koalition in dieser Hinsicht loben, dass er den Umgang mit der Drohnenabwehr tatsächlich aufnimmt. Nur leider schießen Sie mit den Drohnen direkt wieder über das Ziel hinaus. Ich habe es mir angeschaut: Mit dem neuen § 24f ermöglichen Sie es Polizei und Feuerwehr, ohne Anlass abzuheben und Luftaufnahmen von der ganzen Stadt zu fertigen. Wieder einmal verwechseln Sie echten Schutz mit schrankenloser Überwachung.
Es braucht jetzt zumindest keine überzogenen Aufrüstungsfantasien, sondern ein funktionierendes Gesamtkonzept, denn Berlin ist – Herr Matz hat es gesagt – in Sachen Drohnenabwehr im Vergleich zu den anderen Bundesländern ziemlich gut aufgestellt. Das verdanken wir aber leider nicht der strategischen Weitsicht des Senats, sondern einfach nur der Fußballeuropameisterschaft im letzten Jahr, denn da wurde schon einiges in die Drohnenabwehr investiert. Wenn schon der halbe Kunstrasen entsorgt werden musste, hatte die Europameisterschaft immerhin dadurch einen nachhaltigen Effekt.
Am meisten stört mich allerdings in dieser ganzen Debatte, dass wir bei der Suche nach Lösungen auf ein vermeintliches Zuständigkeitswirrwarr verweisen. Dabei ist es relativ einfach. Die Bundeswehr macht die Landesverteidigung, die Bundespolizei Flughäfen, Bahnhöfe und Autobahnen und die Landespolizei die große Fläche. Wenn nun aus einigen Ecken pauschal nach der Bundeswehr gerufen wird, dann läuft das an den realen Problemen völlig vorbei. Aus gutem Grund darf die Bundeswehr nicht im Inneren eingesetzt werden, und es gibt auch keinen vernünftigen Grund, daran zu rütteln.
Statt also einfach mit dem Finger aufeinander zu zeigen, gilt die Devise, miteinander zu reden. Damit im Ernstfall die richtige Entscheidung getroffen wird, müssen Bundes- und Landespolizeien und, wo nötig, auch die Bundeswehr gemeinsam entscheiden können. Dafür braucht es die technischen Fähigkeiten zur Erkennung, Bewertung und Reaktion und vor allem eine strukturierte Koordinierung. Sie merken, das ist dann keine Schlagzeile, aber dafür eine echte Antwort. – Vielen Dank!
