Plenarprotokoll 19/24
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Würde des Autos ist unantastbar – scheint das Motto der CDU zu sein. Nun sollen Demonstrationen auf Autobahnen für immer und überall verboten werden.
Ehrlich gesagt, Ihr Antrag überrascht mich nicht. Die Autobahn ist für Sie als Verkehrswendeverhinderungspartei Ihre Bastion der Freiheit, der Ort, wo Deutsche noch völlig frei von Sinn und Verstand das Gaspedal bis zum Anschlag durchdrücken können. Da darf niemand im Weg stehen, der meint, sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in
Anspruch nehmen zu wollen. Sie wollen mit Ihrem Vorschlag angeblich wirksam gegen die Letzte Generation vorgehen; was Sie aber tatsächlich tun, Herr Förster: Sie legen die Axt an das Versammlungsrecht an.
Sie würden nämlich tatsächlich Zehntausende Berlinerinnen treffen, die jedes Jahr an der Fahrradsternfahrt teilnehmen. Aber gut, da sind Sie auch noch nie mitgeradelt. Ihren Text haben Sie zudem eins zu eins in NordrheinWestfalen abgeschrieben; ein Gesetz, das es dort immer- hin bereits vor das Landesverfassungsgericht geschafft hat, als Vorbild – Chapeau!
Sie missachten einfach durchweg die Grundsätze des Versammlungsrechts, denn die Rechtsprechung, das könnten Sie wissen, setzt zunächst die freie Wahl des Versammlungsortes voraus, erst recht, wenn das Thema des politischen Protests einen starken Bezug zum Versammlungsort hat.
Das kann zwar im konkreten Fall eingeschränkt werden, dafür braucht es jedoch eine Rechtsgüterabwägung. Ein pauschales Verbot, das, was Sie fordern, ist genau das Gegenteil davon. Pauschal können nach dem Bundesverfassungsgericht nur Orte, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind, untersagt werden. Also: Wenn Sie niemanden mehr auf die Autobahn lassen, dann können Sie Versammlungen dort verbieten, aber eben erst dann.
Sie vergessen auch, dass die Versammlungsfreiheit im Gegensatz zur Autobahn grundrechtlich geschützt ist. Sie rechtfertigen Ihr Verbot trotzdem damit, und jetzt wird es lustig, dass die Demonstrationen auf Autobahnen das Recht der Autofahrenden auf freie Entfaltung der Persönlichkeit einschränken würden.
Absurder wird es nicht mehr. Wissen Sie übrigens, was tatsächlich das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit einschränkt? – Mehr Autos, mehr Autobahnen, mehr CO2, kurz gesagt, Ihre Politik der letzten Jahrzehnte, und das hat Ihnen sogar das Bundesverfassungsgericht ins Stammbuch geschrieben.
Anstatt nun grundrechtliche Sonderrechte für Autobahnen zu fordern, sollten Sie mal darüber nachdenken, ob Sie vielleicht irgendwann anstatt Politik für Autos nicht vielleicht Politik für Menschen machen wollen. Überlegen Sie mal! – Vielen Dank!