Rede zur Änderung des Park- und Grünflächengesetzes

Plenarprotokoll 19/43

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Berlins Grünflächen sind die grüne Infrastruktur der Stadt. Spätestens seit Corona sollte uns doch allen ihre Bedeutung klar sein. Senioren genießen die Sonne auf der Parkbank, Familien gehen mit den Kids spazieren, Geburtstagsfeiern, Grillfeste, Jugendliche, die ein Spätibier trinken oder eine Tüte durchziehen – das bald übrigens auch legal –: Berliner Parks sind keine Angsträume, sondern in allererster Linie unverzichtbarer öffentlicher Raum, und diesen Schatz gilt es zu erhalten und zu pflegen. Grüne Oasen sind gerade in einer Metropole genau wie Schwimmbäder oder Spielplätze soziale Orte. Nicht alle können jeden Sommer in den Urlaub fliegen, nicht jeder mal raus ins Ferienhaus nach Brandenburg, nicht mal raus auf den eigenen Balkon. Studierende und Auszubildende können sich nicht einfach so den Aperol für 9 Euro im Café leisten. Sie sind alle auf Orte angewiesen, an denen man sich treffen, entspannen, ja sogar feiern kann. Die Parks sind soziale Orte, weil sie uns in der alltäglichen Hektik der Stadt wortwörtlich die Luft zum Atmen
geben.
Genauso gehört zu einer ehrlichen Analyse: Wo viele Menschen sind, entstehen auch viele Probleme; so auch in den Berliner Parks. Gewalt, Diebstähle, rücksichtsloser Alkohol- und Drogenkonsum, Vermüllung und Lärm, all das sind Probleme, über die man selbstverständlich reden muss. Aber an all diejenigen, die stattdessen lieber jede Empörungswelle reiten: Auch ich gehe, wie wohl die allermeisten Menschen, einfach nachts nicht gerne durch Parks. Selbst als ich im Sommer mit der Polizei in der
Nachtschicht durch die Hasenheide gefahren bin, war das so ein mulmiges Gefühl. Wenn alles stockduster ist, fühlt man sich nicht unbedingt sicher. Das ist jetzt aber keine neue Erkenntnis, sondern höchstens eine Binsenweisheit.
Die Antwort der Koalition ist nun, jedes Fehlverhalten von Wenigen auf Kosten der friedlichen Mehrheit zu sanktionieren. Statt sich auf Täter und Taten zu fokussieren, leiden vor allem diejenigen, die auf diese Orte angewiesen sind, denn niemandem ist geholfen, wenn alle ausgesperrt oder pauschale Alkoholverbote verhängt werden. Wenn die Antwort ist, unsere Grünflächen einfach zuzubauen oder einzuzäunen, dann haben wir zwar viele tote Orte, aber keinen Musterpark.

Im Gesetz selbst – was steht denn drin? – werden den Bezirken mehr Spielräume für Maßnahmen zum Schutz von Grünanlagen eingeräumt. Das ist ein gutes Ziel, und es ist schön, dass Sie anerkennen, dass die Parks in der Zuständigkeit der Bezirke liegen. Es wird auch durch den Gesetzentwurf besser, dass die Bezirke nun Ordnungswidrigkeiten für Fehlverhalten sanktionieren können. Das Fragezeichen, das bleibt: Laut Ihrem Gesetzentwurf reichen unbestimmte „sonstige öffentliche Interessen“ bereits aus, um irgendwelche Maßnahmen zu treffen. Also noch mal Klartext direkt zum Elefanten im Raum: Ich sehe schon, wie der Regierende in die Zuständigkeit der Bezirke eingreift, weil er ja einen Zaun versprochen hat.
– Doch dass Sie sich mit Fake News zum Zaunkönig krönen wollen, ist rechtlich gesehen kein öffentliches Interesse, Herr Regierender!
Herr Regierender, ich muss Ihnen an einer Stelle recht geben: Wenn man den Park abschließt, kann man dort keine Drogen mehr kaufen; das passiert dann eben hundert Meter weiter. Also: In der Sache nichts gewonnen, und niemand hat dadurch auch nur einen Quadratmeter Park zurückgewonnen. Und das wissen Sie auch.
Präsidentin Cornelia Seibeld:
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Freymark?
Vasili Franco (GRÜNE):
Vom Kollegen Freymark? – Bitte schön!

Lieber Kollege Freymark! Das kann ich Ihnen sehr einfach beantworten. Das eine ist ja: Was wird durch dieses Gesetz ermöglicht? Mehr Schutz von Grünanlagen, das ist eine super Sache, da muss man auch darüber debattieren, auch Ordnungswidrigkeiten sollten verfolgt werden können, wenn sie stattfinden. Dem stimmen wir zu, aber was ist der Punkt? – Ihnen geht es gar nicht um den Schutz von Grünanlagen. Ihnen geht es darum, dass Sie Menschen sanktionieren können, indem Sie pauschal Alkoholverbote verhängen, indem Sie versuchen, den Görlitzer Park einzuzäunen, und das sind Maßnahmen, die auch bei grünen Stadträtinnen keine Zustimmung finden werden. Wenn Sie sich um den Schutz von Grünanlagen kümmern, sind wir gerne dafür zu haben; wenn Sie sinnlose Zäune bauen, machen wir nicht mit.
Wenn Sie wirklich über den Schutz von Grünanlagen in der Stadt reden und ihn verbessern wollen, dann müssen wir über Übernutzung, über Nutzungskonflikte, über die Gestaltung des öffentlichen Raums und die Umsetzung der Charta Stadtgrün reden; da gäbe es noch viel zu tun. Natürlich gehört es dazu, die Grünflächenämter und die Ordnungsämter personell, finanziell und technisch zu ertüchtigen.
Ich wüsste, wo wir ein paar Millionen Euro hernehmen. Hier brauchte es übrigens wirklich die Unterstützung der Koalition. Wir haben bei uns Ausschussberatungen vor uns, vielleicht gelingt es ja da, unseren Parks wäre es zumindest zu wünschen. – Vielen Dank!